Verkehrszeichen (Deutschland)

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 Verkehrszeichen (kurz VZ) sind Teil der Straßenausstattung und dienen der Verkehrsregelung. Sie werden behördlich angeordnet und sind vom Verkehrsteilnehmer eigenverantwortlich zu beachten.

Sämtliche Verkehrszeichen sind im Verkehrszeichenkatalog (kurz VzKat) aufgeführt. Sie lassen sich anhand ihrer Funktion verschiedenen Gruppen zuordnen. Die deutsche Straßenverkehrsordnung definiert in § 39 Abs. 2 Satz 2 StVO drei Gruppen von Verkehrszeichen:

§ 40 StVO: Gefahrzeichen mahnen eine Gefahr an;

§ 41 StVO: Vorschriftzeichen sprechen Gebote und Verbote aus;

§ 42 StVO: Richtzeichen geben Hinweise zur Erleichterung des Verkehrs.

Daneben ergibt sich eine regelnde Wirkung durch Verkehrseinrichtungen  gemäß § 43 StVO (beispielsweise Schranken und Parkuhren), welche keine Verkehrszeichen sind.

Keine eigene Gruppe in der Verordnung erhalten die zahlreichen Zusatzzeichen, die gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls Verkehrszeichen sind und in § 39 Abs. 7 StVO aufgelistet sind. Diese werden zusammen mit den oben genannten Zeichen verwendet. Sie dienen zur Einschränkung von Vorschriften („bei Schneefall“, „ausgenommen Zugfahrzeuge“), zur Angabe unüblicher Entfernungen („in 40 m“) oder als Begründung für eine Anordnung („Achtung Spurrillen“).

Geschichte

Die ersten Verkehrsschilder wurden in Deutschland im Jahre 1910 eingeführt. Ausschlaggebend für deren Einführung war eine internationale Konferenz im Jahr 1909 in Paris, bei der erste Verkehrszeichen und Verkehrsregeln schriftlich festgehalten wurden. Die 1910 eingeführten Verkehrszeichen wurden als „Warnungstafeln“ bezeichnet, deren Einsatz vor allem für Gefahrenstellen außerhalb von Ortschaften gedacht war. Es handelt sich dabei um vier kreisrunde Verkehrszeichen mit blauer Hintergrundfarbe und weißer Schrift- bzw. Symbolfarbe. Mit Hilfe dieser Verkehrszeichen konnte der motorisierte Verkehrsteilnehmer auf scharfe Kurven, Bodenunebenheiten, Kreuzungen und Bahnübergänge aufmerksam gemacht werden. Erst im Jahre 1927 wurden diese Warnungstafel durch neue Verkehrszeichen ersetzt.

Rechtsnatur 

Allgemeines 

Während Gefahrzeichen und Richtzeichen nur Informationen enthalten, aber nicht unmittelbar ein bestimmtes Verhalten vorschreiben, werden Vorschriftzeichen, also Verkehrsschilder sowie andere Verkehrszeichen nach § 41 StVO, allgemein als Verwaltungsakte in der Form von Allgemeinverfügungen (§ 35 Satz 2 Alt. 2 VwVfG) mit Dauerwirkung angesehen. Dies ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Sie werden als Ersatz für entsprechende Verkehrsregelungen durch Vollzugspolizisten gesehen. Dafür spricht die systematische Stellung des § 36StVO (Zeichen und Weisungen der Polizeibeamten) in Abschnitt II. der StVO (= Zeichen und Verkehrseinrichtungen §§ 36-43 StVO). Daher sind Verkehrszeichen mit deren Bekanntgabe sofort vollziehbar, d. h. ein Widerspruch oder eineAnfechtungsklage gegen ein Verkehrszeichen hätten keine aufschiebende Wirkung (arg. aus dem Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Nahe liegt es, Verkehrszeichen als sachbezogene Allgemeinverfügung in Bezug auf die straßenverkehrsrechtliche Benutzung einer Sache, nämlich die Benutzung der öffentlichen Straße durch die Allgemeinheit anzunehmen.

Bekanntgabe 

Bekanntgegeben wird das Verkehrszeichen durch die Aufstellung nach den Regeln der StVO, die insoweit als Sonderbestimmungen gegenüber § 41 VwVfG angesehen werden und diesem vorgehen (§§ 36 ff. StVO, insbesondere § 39 und § 45StVO).

Mit der Aufstellung des Verkehrszeichens gilt es gegenüber sämtlichen Verkehrsteilnehmern als bekannt gegeben. Mit der Bekanntgabe wird das Verkehrszeichen gegenüber sämtlichen Verkehrsteilnehmern gleichermaßen wirksam (§ 43 VwVfG), selbst denjenigen gegenüber, die zur tatsächlichen Kenntnisnahme keine faktische Gelegenheit hatten.

Tatsächlich kommt es nur noch darauf an, ob Verkehrsteilnehmer allein die theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme hatten; insofern hat das Bundesverwaltungsgericht seine früher vertretene Auffassung zum so genannten Sichtbarkeitsprinzip auf diese rein theoretische Möglichkeit ausgedehnt. Wichtig ist dies vor allem für Halter von Kfz, die im Wege der Zustandsverantwortlichkeit (Verantwortlichkeit für den Zustand einer Sache, also eines Wagens der im Haltverbot steht und damit ordnungswidrig geparkt ist) für das Umsetzen oder Abschleppen des Fahrzeugs „zur Kasse gebeten“ werden, auch dann, wenn das Fahrzeug schon stand, bevor Verkehrszeichen aufgestellt wurden oder sie selbst das Fahrzeug gar nicht geführt haben (weil sie es an einen Dritten während des Urlaubs verliehen haben und dieser Dritte den Wagen ordnungswidrig geparkt hat).

Vom Zeitpunkt der Bekanntgabe zu unterscheiden ist der Beginn der Anfechtungsfrist. Diese beträgt ein Jahr (da Verkehrszeichen nicht mit Rechtsmittelbelehrungen versehen sind) und beginnt, wenn der Verkehrsteilnehmer erstmals von der durch das Verkehrszeichen ausgedrückten Anordnung betroffen ist (sog. Adressatentheorie). Der Fristbeginn war lange Zeit umstritten, ist aber mit den Urteilen des BVerwG vom 23. September 2010 geklärt.

Wirksamkeit 

Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen ein Verkehrszeichen wirksam bleibt, nachdem es aufgestellt worden ist. Der Grundsatz geht dahin, dass ein Verkehrszeichen so lange wirksam bleibt, solange es aufgestellt bleibt. Es verliert seine Wirksamkeit erst, wenn es nach entsprechender Anordnung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde wieder abgebaut wird (zur Zuständigkeit siehe § 44 Abs. 1 Satz 1 StVO).

Entsprechend bleibt ein Verkehrszeichen selbst dann wirksam, wenn es unbefugt, also ohne entsprechende Anordnung der Straßenverkehrsbehörde entfernt wird. Auch, wenn es in Folge von Witterungseinflüssen nicht mehr erkennbar ist (verdeckt durch Schneefall, Beschädigungen durch Vandalismus). Dies folgt aus der nunmehr neuen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Leitsatzentscheidung.

Die Fiktion der Bekanntgabe von Verkehrszeichen an sämtliche Verkehrsteilnehmer anhand theoretischer Möglichkeit der Kenntnisnahme würde überzogen werden, wenn man Verkehrsteilnehmer verpflichtet sieht, sich an Verkehrsschildern zu orientieren, die mit zumutbaren Mitteln nicht mehr wahrnehmbar sind. In diesen Fällen behilft man sich – um die Dogmatik der rein theoretischen Kenntnisnahme bzgl. der Wirksamkeit von Verkehrszeichen aufrechterhalten zu können – damit, die Wirksamkeit des Verkehrszeichens, selbst wenn man es nicht mehr erkennen kann oder einfach umgestoßen wurde, nicht anzutasten. Stattdessen wird der auf einem Verstoß beruhende Kostenbescheid (für das Abschleppen, Umsetzen) dahin gehend überprüft, ob dieser überhaupt ergehen durfte; denn dies ist nur dann der Fall, wenn eine rechtmäßige Amtshandlung vorlag (also rechtmäßiges Abschleppen, Umsetzen, etc.). Dies setzt wiederum die tatsächliche Wahrnehmbarkeit von Verkehrszeichen voraus.

Kritik am „Schilderwald“ 

Eine Häufung von Verkehrszeichen wirkt verwirrend.

In Deutschland bemängeln Kritiker, es gebe unnötige Verkehrszeichen, die nur die ohnehin geltenden Regeln wiedergeben, und dass der Verkehr ohne Verkehrszeichen besser und sicherer fließen könne. Diese allgemein als Schilderwald bezeichnete Häufung von Verkehrszeichen überfordere den Verkehrsteilnehmer. Der ADAC schätzt, dass mindestens ein Drittel der Verkehrszeichen überflüssig ist. Aus diesem Grund gab es schon im Jahr 1997 die Aktion „(K)ein Schild in Selm“ des ADAC in der Stadt Selm, bei der eine Woche lang 600 von 1100 Schildern verhüllt wurden. Nach der Aktion wurden 43 % der Verkehrsschilder in Selm abmontiert.

Um den Schilderwald einzudämmen, wurde mit der StVO-Novelle von 1997 der § 45 Abs. 9 StVO neu geschaffen. Er erlaubt das Anordnen von Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur bei einer Gefahrenlage, die erheblich über dem allgemeinen Risiko liegt. Eine exakte Formel dafür gibt es nicht. Gesetzeskommentare sprechen von einer Unfallrate, die 30 % über derjenigen einer vergleichbaren Strecke liegen muss, damit eine Verkehrsbeschränkung angeordnet werden darf. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte lassen keine klare Linie erkennen.

Ein Beispiel dafür, dass ein Verkehrsablauf ohne Verkehrszeichen funktionieren kann, liefern zahlreiche Gemeinden in mehreren europäischen Ländern. Dort wurde nach dem Prinzip des Shared Space ein Großteil der Verkehrszeichen beseitigt. Die Ergebnisse sind durchweg zufriedenstellend, eine besondere Häufung von Unfällen konnte nicht festgestellt werden.

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